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Kriterien für die Auswahl des geeigneten Conjoint-Verfahrens

Johannes Lüken / Dr. Heiko Schimmelpfennig

Jedes Verfahren der Conjoint-Analyse besitzt Stärken und Schwächen. Insofern lässt sich keine generelle Empfehlung geben, welches vorzugsweise eingesetzt werden sollte. Die Entscheidung für ein Verfahren ist vielmehr vor dem Hintergrund der Charakteristika der jeweiligen Fragestellung und Erhebung zu treffen. Nachfolgend werden wichtige Kriterien vorgestellt.

 

Anzahl der Merkmale

Menschen sind allenfalls in der Lage, maximal acht Merkmale gegeneinander abzuwägen. Sollen mehr Merkmale berücksichtigt werden, muss durch den Befragten oder einen Algorithmus eine Auswahl derjenigen Merkmale erfolgen, die die im dekompositionellen Teil ganzheitlich zu beurteilenden Konzepte beschreiben. Dies leisten Partial-Profile-CBC, ACA und HILCA. Multistage Designs ermöglichen durch die Gruppierung von Merkmalen komplexe Beschreibungen in mehrere kleinere aufzuteilen und somit insgesamt eine Vielzahl an Merkmalen einzubeziehen.

 

Interaktionseffekte

Kommt für einen Befragten beispielsweise ein rotes Auto ausschließlich in Kombination mit einer bestimmten Marke in Frage, liegt eine Interaktion zwischen beiden Ausprägungen vor. Die Stärke von Interaktionseffekten kann nur in CBC-Ansätzen bestimmt werden (im HIT-CBC jedoch allein zwischen der besten bzw. schlechtesten Ausprägung von zwei Merkmalen). Liegen Interaktionseffekte vor, erhöht ihre Berücksichtigung im Allgemeinen die Güte der Prognose der Entscheidungen, reduziert jedoch die Genauigkeit der Schätzung der Haupteffekte.

 

Preisanalyse

Steht der Preis im Fokus einer Untersuchung, sind ACA und Partial-Profile-CBC zu meiden, da sie die relative Bedeutung des Preises häufig unterschätzen.

 

Stichprobengröße

Mit der KCA/LCA und dem ACBC gelingt es, von einem Befragten am meisten Informationen über seine Präferenzen zu gewinnen, so dass diese im Vergleich einen geringeren Stichprobenumfang benötigen. Verfahren, die bei der ganzheitlichen Beurteilung der Konzepte jeweils nur auf einen Teil aller Merkmale zurückgreifen, können den resultierenden Informationsnachteil durch eine größere Stichprobe kompensieren.

Flexibilität bez. der Art der Befragung

In Paper-Pencil-Befragungen sind nur die KCA/LCA oder ein (Partial-Profile-)CBC möglich. ACA, ACBC, HIT-CBC und HILCA benötigen eine Computerunterstützung. In reinen CATI-Befragungen kann am ehesten noch die ACA mit wenigen Merkmalen im dekompositionellen Teil Verwendung finden. Mit „Interactive CATI“ – einer Verknüpfung der telefonischen mit einer Online-Befragung – lassen sich alle Verfahren nutzen.

 

Interviewdauer

Adaptive, hybride und hierarchische Ansätze führen zu durchschnittlich längeren Interviews als die einphasigen Verfahren KCA/LCA und CBC.

 

Realitätsnähe

Am besten gelingt es CBC-Ansätzen, den realen Entscheidungsprozess abzubilden. Partial-Profile-CBC und HIT-CBC verlieren durch die Darstellung nur unvollständig beschriebener Konzepte bzw. die Verwendung ausschließlich extremer Merkmalsausprägungen allerdings an Realitätsnähe. KCA und LCA verlangen vom Befragten eine Ordnung aller Konzepte, das heißt auch derjenigen, die er in der Realität völlig außer Acht lassen würde.

 

Joy of Use

Erhebungen, die auf gegebene Antworten reagieren und abwechslungsreich sind, motivieren den Befragten, ein Interview sorgfältig zu Ende zu führen. In diesem Sinne fördert das ACBC in Verbindung mit seiner Realitätsnähe am ehesten Interesse und Spaß an der Befragung.

 

Abbildung Stärken und Schwächen der Conjoint-Verfahren

Abbildung: Stärken und Schwächen der Conjoint-Verfahren

 

Beitrag aus planung&analyse 12/3 in der Rubrik „Statistik kompakt“

 

Autoreninformation

Johannes Lüken war bis 2021 Leiter des Bereichs Multivariate Analysen bei IfaD.

Prof. Dr. Heiko Schimmelpfennig ist Projektleiter für Multivariate Analysen bei IfaD, Institut für angewandte Datenanalyse, sowie Professor für Betriebswirtschaftslehre an der BiTS, Business and Information Technology School, Hamburg. Er ist bei IfaD schwerpunktmäßig für die Beratung, Anwendung und Schulung dieser Verfahren verantwortlich und vertritt in der Lehre das Gebiert der Quantitativen Methoden der Wirtschaftswissenschaft.

 

Literatur

Backhaus, K.; Erichson, B.; Plinke, W.; Weiber, R.: Conjoint-Analyse. In: Multivariate Analysemethoden, 13. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer, 2011, S. 457-505.

Hartmann, A.; Sattler, H.: Wie robust sind Methoden zur Präferenzmessung? In: zfbf, Jg. 56/2004, Nr. 2, S. 3-22.

Karger, M.: Prüfung bestehender Varianten der Conjoint Analyse zur Validierung des Customer Perceived Value Accountings. In: Zahlungsbereitschaftsmessung für industrielle Hybride Leistungsbündel. Wiesbaden, 2011, S. 70-102.

Melles, T.: Welche Conjoint-Methode ist die beste? Workshoppräsentation zur Research & Results. München, 2011.

Orme, B.: Which Conjoint Method Should I Use? Sawtooth Research Paper Series. Sequim, 2009.

 
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