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Kriterien der Prognosegüte für kategoriale Merkmale

Johannes Lüken / Dr. Heiko Schimmelpfennig

Sei es die Kaufentscheidung für eine Marke oder die Zuordnung zu einem Segment – häufig ist die Prognose der Ausprägung einer kategorialen Variable gefragt. Die wichtigsten Gütemaße zur Beurteilung und zum Vergleich von Prognosemodellen für kategoriale Merkmale werden anhand der Vorhersage des Ausgangs von Fußballspielen veranschaulicht.

 

Klassifikations- oder Konfusionsmatrix

Wie gut sind Wettquoten geeignet, um Ergebnisse von Fußballspielen vorherzusagen? Dazu wurden von der Website football-data.co.uk die Quoten für Heimsieg, Unentschieden und Auswärtssieg für die 153 Spiele der Hinrunde 2018/19 der 1. Bundesliga eines bekannten Wettanbieters erfasst. Da sich die Wahrscheinlichkeit für den jeweiligen Ausgang eines Spiels im Kehrwert der Wettquote widerspiegelt, ist der Ausgang mit der kleinsten Quote eine nahe liegende Prognose. Allerdings hatte ein Unentschieden niemals die geringste Wettquote und auch nur für fünf Spiele waren die Quoten für Heim- und Auswärtssieg gleich. Weil in der Vergangenheit aber ungefähr ein Viertel der Spiele Unentschieden endete, wird das Prognosemodell um eine zweite Regel ergänzt: Ein Unentschieden wird vorhergesagt, wenn die Quote für den Heimsieg um weniger als 20% höher ist als die für den Auswärtssieg oder umgekehrt. In der Klassifikationsmtarix in Abbildung 1 sind die durch dieses Modell resultierenden Prognosen den tatsächlichen Ergebnissen gegenübergestellt.

Abbildung 1: Klassifikations- bzw. Konfusionsmatrix

 

Korrektklassifikationsrate

Der Anteil der Beobachtungen, für die die Kategorie richtig vorhergesagt wurde, bestimmt die

Korrektklassifikationsrate = (n1 + n2 + … + nk + … + nK) / n

mit nk = Anzahl der richtig prognostizierten Beobachtungen in Kategorie k und n = Gesamtanzahl der Beobachtungen. In dem Beispiel beträgt sie (46 + 7 + 20) / 153 = 47,7%. Mit einer dem Prognosemodell entsprechenden Tipp-Strategie hätte man fast die Hälfte der Spiele richtig vorhergesagt. Jedoch hätte sich mit einer einfachen „naiven“ Prognose – der Zuordnung aller zu der größten Gruppe, das heißt der Prognose Heimsieg für alle Spiele –  bereits eine Korrektklassifikationsrate von 69 / 153 = 45,1% ergeben. Ein Vergleich mit der naiven Prognose offenbart demnach vor allem bei ungleichen Verteilungen auf die Kategorien erst die wahre Qualität eines Prognosemodells.


Konfusionsmatrix und abgeleitete Gütemaße

Ein detaillierterer Blick ist mit Hilfe einer speziellen Konfusionsmatrix möglich. Für jede Kategorie wird unterschieden, ob sie auftritt (Positive) oder nicht (Negative), so dass sich jeweils eine 2 × 2 Matrix wie in Abbildung 2 bestimmen lässt. Die Konfusionsmatrix für die Kategorie Heimsieg zeigt Abbildung 3.

Abbildung 2: 2 × 2-Konfusionsmatrix

 

Abbildung 3: 2 × 2-Konfusionsmatrix für die Kategorie Heimsieg

 

Die Formel der Korrektklassifikationsrate angewendet auf die 2 × 2-Konfusionsmatrix ergibt die

Accuracy = (TP + TN) / n

Für Heimsiege ist sie gleich (46 + 49) / 153 = 62,1%. Stellt man analog eine Konfusionsmatrix für Unentschieden auf, so ergibt sich eine Accuracy von (7 + 91) / 153 = 64,1%. Für Auswärtssiege beträgt die Accuracy (20 + 86) / 153 = 69,3%.

Der Anteil der korrekt als „Positive“ prognostizierten Beobachtungen an allen tatsächlich „Positives“ ist der

Recall (oder Trefferquote oder Sensitivität) = TP / (TP + FN)

Für Heimsiege ist Recall gleich 46 / (46 + 23) = 66,7%, für Unentschieden gleich 7 / (7 + 31) = 18,4% und für Auswärtssiege gleich 20 / (20 + 26) = 43,5%. Accuracy deutet nicht auf große Unterschiede zwischen den Kategorien hin und zeigt somit ein verzerrtes Bild. Gemäß Recall werden Unentschieden jedoch erheblich schlechter vorhergesagt als Heim- oder Auswärtssiege.

Der Anteil der korrekt als „Positive“ prognostizierten an allen als „Positive“ vorhergesagten Beobachtungen ist die

Precision = TP / (TP + FP)

Für Heimsiege ist Precision gleich 46 / (46 + 35) = 56,8%, für Unentschieden gleich 7 / (7 + 24) = 22,6% und für Auswärtssiege gleich 20 / (20 + 21) = 48,8%. Das heißt die Prognose Heimsieg war in 56,8% der Spiele richtig, die Prognose Unentschieden jedoch nur in 22,6%.

Je nach Zielsetzung des Prognosemodells sind die Maße unterschiedlich relevant. Sollen beispielsweise auf einem Markt die Käufer verschiedener Marken prognostiziert werden, ist die Korrektklassifikationsrate zu betrachten. Ist nur von Interesse, die Käufer der eigenen Marke zu identifizieren, wäre der Recall heranzuziehen.

 

 

Beitrag aus planung&analyse 19/1 in der Rubrik „Statistik kompakt“

 

 

Autoreninformation

Johannes Lüken war bis 2021 Leiter des Bereichs Multivariate Analysen bei IfaD.

Prof. Dr. Heiko Schimmelpfennig ist Projektleiter im Bereich Data Science bei IfaD sowie seit Oktober 2021 als Professor für Forschungsmethoden an der BSP Business & Law School Hamburg tätig. Zuvor war er sieben Jahre Professor für Betriebswirtschaft und Studiengangsleiter an der University of Applied Sciences Europe. Er ist bei IfaD schwerpunktmäßig für die Beratung, Anwendung und Schulung von Multivariaten Verfahren verantwortlich und vertritt in der Lehre das Gebiet der Quantitativen Methoden der Wirtschaftswissenschaft.

 

Literatur

Runkler, T. A.: Klassifikation. In: Data Mining, Wiesbaden, 2015, S. 89-107.

 
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